Vitamin B6 ist an über 100 Reaktionen im Körper als Coenzym beteiligt. Neue Messmethoden in einer großen nordeuropäischen Studie zeigen einen klaren Bezug zwischen niedrigen Vitamin-B6-Spiegeln und dem Risiko, an Dickdarm-Krebs zu erkranken.
Vitamin B6 ist zunächst eigentlich keine Einzelsubstanz, sondern Sammelbezeichnung für drei chemisch ähnliche Verbindungen: Pyridoxin, Pyridoxal und Pyridoxamin. Sie alle sind Vorstufen des aktivierten Vitamins Pyridoxalphosphat (PALP oder PLP).
Im Stoffwechsel können sie alle ineinander übergeführt werden. Ihre biologische Aktivität ist identisch. PALP spielt vor allem als Co-Enzym für den Aminosäure-Stoffwechsel eine wichtige Rolle. Es wird z.B. für die Bildung vieler Neurotransmitter und Hormone benötigt. Im Blutplasma liegt es zu 60 % als PALP, zu 15 % als Pyridoxin und zu 14 % als Pyridoxal vor. Weitere Details zum Vitamin B6 und seinen Anwendungen und Quellen findet sich im Übersichtsartikel zum Thema.
Im Zusammenhang mit Tumoren geht man davon aus, dass Vitamin B6 die Vermehrung von Tumorzellen, die Gefäßneubildung im Tumor und Entzündungsreaktionen vermindern kann. Der Mensch kann den Kofaktor Pyridoxalphosphat nicht völlig selbst herstellen und ist dafür auf die Zufuhr dieser Vorstufen mit der Nahrung angewiesen. Therapeutisch kommt es etwa in der Behandlung von Neuropathien oder als Verstärker der Wirkung nicht steroidaler Schmerzmittel zum Einsatz.
Geringeres Dickdarmkrebs-Risiko durch höhere B6-Spiegel?
Kürzlich erschien im renommierten Wissenschaftsmagazin „American Journal of Clinical Nutrition“ eine bemerkenswerte Studie, die sich mit dem Zusammenhang von einem Mangel am Vitamin B6 und dem Risiko, an Dickdarmkrebs zu erkranken, befasste. Ursache waren Hinweise darauf, dass ein höherer B6-Spiegel das Erkrankungsrisiko um bis zu 50 % reduzieren solle.
Unter über 85.000 Teilnehmern hatten Personen mit Vitamin-B6-Mangel das höchste Risiko für Dickdarmkrebs.
24 Jahre Beobachtungszeit
Als Grundlage für diese epidemiologische Untersuchung dienen über 115.000 Proben, von über 85.000 Teilnehmern der Northern Sweden Health and Disease Study die über 24 Jahre beobachtet und analysiert wurden. Diese Studie mit mittlerweile über 133.000 Teilnehmern wird seit 1986 von der Universität Umeå in Nordschweden durchgeführt und erlaubt damit großangelegte Beobachtungen über einen sehr langen Zeitraum.
Dort zeigte sich bei Personen mit niedrigem Pyridoxalphosphat-Spiegeln das höchste Risiko für Dickdarmkrebs. Wer können solche Personen sein? Im täglichen Leben kann es durch Alkohol, Nikotin oder höheres Alter zu einer Mangelversorgung kommen. Die Einnahme der Pille für Frauen kann ebenfalls einen Vitamin-B6-Mangel mit all seien Folgen nach sich ziehen.
Revolutionäre Messmethoden
Bemerkenswert an der Studie ist nicht nur die hohe Zahl an Teilnehmern, sondern auch die Tatsache, dass zwei völlig neue, verbesserte Methoden zur Messung des Risikos – sogenannte Biomarker – verwendet wurden, anstatt nur den Vitamin-Spiegel zu messen.
Mit beiden Biomarkern konnte das erhöhte Risiko bei niedrigem Vitamin-B6-Spiegel nachgewiesen werden. Allerdings dauert es rund 10 Jahre, ehe sich dieses erhöhte Risiko nachweisen lässt. Daraus schließt man, dass die Rolle des Vitamin B6 eher mit der Vermehrung der Tumorzellen als mit seiner Entstehung zusammenhängt.