Eine Vitamin-Unterversorgung ist im frühen Stadium relativ schwer eindeutig zu erkennen, da die Anzeichen meist unspezifisch und allgemein sind. Erst wenn sich in einem späteren Zeitpunkt eine Mangelerkrankung gebildet hat, werden die Symptome deutlicher. Soweit sollte es nicht kommen.
Deshalb ist es wichtig, dass allgemeine Anzeichen, die auf ein Defizit hinweisen, möglichst früh wahrgenommen werden. Besonders wenn sie bei einer Risikogruppe auftreten, ist es sinnvoll, den Vitamin-Status vom Arzt bestimmen zu lassen, um Klarheit zu bekommen. Wir betrachten nun die häufigsten Mängel und ihre Anzeichen und zeigen, wer ein hohes Risiko für eine Unterversorgung aufweist.
Sorgenkind Nummer 1: Vitamin D-Mangel
Vitamin-D-Mangel ist eher die Regel als die Ausnahme. Das Sonnenvitamin ist in den Wintermonaten in den nördlichen Breitengraden nur über entsprechende Vitamin D-Präparate in ausreichender Menge zu bekommen. Wer zu einer Risikogruppe zählt, muss auch im Sommer auf eine ausreichende zusätzliche Zufuhr achten und sollte seinen Vitamin-D-Status regelmäßig überprüfen lassen.
Anzeichen und Symptome für eine Vitamin-D-Unterversorgung
Erhöhte Infektanfälligkeit, vor allem der Atemwege (Schnupfen, Husten), Muskelschwäche, erhöhte Sturzrate im Alter, verminderte Knochendichte, schlecht heilende Knochenbrüche, Stimmungsschwankungen
Risikogruppen:
● „Indoor-Spezialisten“ – Wer den Tag in geschlossenen Räumen verbringt (im Büro, vor dem Computer oder Fernseher), bekommt zu wenig Sonnenlicht, um ausreichend Vitamin D zu bilden. Denn nach Feierabend steht die Sonne auch im Sommer schon zu tief für die Vitamin-D-Synthese in der Haut.
● „Schattenparker“ – Wer die direkte Sonneneinstrahlung meidet, reduziert das Hautkrebsrisiko und die Faltenbildung. Darunter leidet dann aber die körpereigene Vitamin-D-Produktion. Sonnencreme, Körperverhüllung und geringe Sonnenexposition erhöhen somit das Mangelrisiko.
● „Silver-Ager“ – Mit zunehmendem Alter sinkt einerseits die Fähigkeit zur Vitamin-D-Eigensynthese, anderseits nehmen die Aktivitäten im Freien ab. Je älter und eingeschränkter eine Person ist, umso schlechter sind meist die Vitamin-D-Werte und ein Mangel ist zu erwarten.
Was tun gegen einen Vitamin D-Mangel?
Täglich an die frische Luft und in die Sonne gehen. Eine regelmäßige Zufuhr von Vitamin D3 durch hochwertige Nahrungsergänzungsmittel kann eine Unterversorgung ausgleichen und einen gesunden Vitamin-D-Status langfristig erhalten.
Unter Beobachtung: Vitamin B12 Mangel
Da der Körper eines Erwachsenen über große Vitamin-B12-Depots verfügt, fällt ein Vitamin-B12-Mangel oft erst nach Jahren der Unterversorgung auf. Dann sind die Folgen aber umso gravierender. Eine B12-Mangelerkrankung kann zur Degeneration der Nervenhüllen führen. Und dieser Vorgang ist irreversibel, das heißt, der Nervenabbau kann auch durch spätere B12-Gaben nicht mehr rückgängig gemacht werden. Ein Vitamin-B12-Mangel ist also eine schwerwiegende Erkrankung. Deshalb sollten alle, die zu einer Risikogruppe zählen, frühzeitig auf verdächtige Anzeichen achten.
Anzeichen und Symptome für eine Vitamin B12 Unterversorgung
Blutarmut, Leistungsschwäche, Müdigkeit und blasse Haut, brennende Zunge, neurologische Störungen durch Abbau der Nervenhüllen (Reflex- und Empfindungsstörungen), Schleimhautveränderungen und Verdauungsstörungen
Risikogruppen:
● Vitamin B12 Mangel bei Veganer und Vegetarier: Mittlerweile wissen (fast alle) Vegetarier und Veganer, dass pflanzliche Nahrung kaum Vitamin B12 enthält. Wer sich trotzdem sträubt, den täglichen Bedarf an Vitamin B12 durch ein Ergänzungsprodukt gezielt aufzunehmen, riskiert langfristig seine Gesundheit. Vorsicht bei Algen als B12-Quelle. Manche Algen bilden überwiegend „Pseudovitamin B12“, welches keine Vitaminwirkung hat.
● Ältere Menschen: Älterwerden ist bekanntermaßen nichts für Feiglinge. Das betrifft auch das Vitamin B12. Durch die altersbedingte Veränderung an Magen- und Darmschleimhaut kommt es zu einer verringerten Aufnahme von Vitaminen und Mineralstoffen. Vitamin B12 ist besonders betroffen. Es benötigt zur Resorption ein bestimmtes Eiweiß (Intrinsic Faktor), dessen Herstellung in den Belegzellen des Magens erfolgt. Und dieser Prozess wird mit zunehmendem Alter weniger effizient.
● Personen mit Magenproblemen: Eine chronische Magenschleimhautentzündung oder die Verwendung von sogenannten Medikamenten zum „Magenschutz“ (z.B. Protonenpumpenhemmern mit dem Wirkstoff Omeprazol) stören die Vitamin-B12-Aufnahme in den Körper.
Was tun gegen einen Vitamin B12-Mangel?
Stellt der Arzt bereits einen B12-Mangel fest, muss sofort gehandelt werden. Dann sind Vitamin-B12-Injektionen sinnvoll. Zur Vorbeugung empfiehlt sich für Risikogruppen die regelmäßige Verwendung eines standardisierten B12-Präparats – entweder als Kapsel oder in flüssiger Form. Gute Präparate enthalten Vitamin B12 in den drei aktiven Vitamin-B12-Formen, nämlich Methylcobalamin, Hydroxocobalamin und Adenosylcobalamin.
Im speziellen Blick: Folsäure Mangel
Das Vitamin Folsäure ist vor allem Schwangeren bekannt, denn es ist ein wesentlicher Baustein für die gesunde Entwicklung des Embryos. Im Stoffwechsel des Menschen ist die Folsäure für die Zellteilung, die Blutbildung und die Erhaltung eines günstigen Homocysteinspiegels wichtig. Eine ausreichende Zufuhr ist schwierig, da Folsäure sehr empfindlich auf Hitze, Licht und Sauerstoff reagiert und die Wirkung bei der Lagerung und Zubereitung von Lebensmitteln schnell abnimmt.
Anzeichen und Symptome für eine Unterversorgung von Folsäure
Leistungsschwäche, Blutarmut, Vergesslichkeit, depressive Verstimmungen, erhöhte Homocystein-Werte, schlechte Wundheilung
Risikogruppen:
● Frauen mit Kinderwunsch und Schwangere: Folsäure wird für das Schließen des Neuralrohrs am Rücken des Embryos benötigt. Dies erfolgt bereits im ersten Monat der Schwangerschaft (zwischen dem 21. und 27. Tag). Zu diesem Zeitpunkt wissen die meisten Frauen noch nicht, dass sie schwanger sind. Deshalb ist es besonders wichtig, bereits vorher – also bei Kinderwunsch – für einen ausreichenden Folsäurestatus zu sorgen. Schwangere, die mehr Folsäure benötigen, erhalten in der Regel ein Folsäure-Produkt über ihren Arzt.
● Menschen mit einer genetische Variation (MTHF-Polymorphismus): Personen mit dieser angeborenen genetischen Veränderung haben Schwierigkeiten die Folsäure aus der Nahrung in den Körperzellen in die aktive Form umzuwandeln. Betroffene Personen können aber die aktivierte Folat-Form (5-MTHF) über Ergänzungsprodukte aufnehmen.
● Personen, die Medikamente verwenden: Bei der Einnahme von einem oder mehreren Medikamenten – beispielsweise Arzneimitteln gegen Bluthochdruck oder bestimmten Antibiotika – steigt das Risiko der Folsäureverarmung. Fragen Sie immer Ihren Apotheker, ob Ihr Medikament mit Vitaminen interagiert.
Was tun gegen einen Folsäure-Mangel?
Frisches dunkelgrünes Blattgemüse (Spinat, Feldsalat, Mangold etc.) ist von Natur reich an Folsäure und sollte immer auf dem Speiseplan stehen. Risikogruppen, besonders Frauen, die schwanger werden wollen (oder könnten), sollten ihre Folsäureversorgung über ein gutes, qualitativ hochwertiges Vitaminpräparat sicherstellen. Wer eine genetische Variation aufweist, achtet auf die Zufuhr der aktivierten Folsäure (erhältlich unter den Handelsnamen Quatrefolic® oder Metafolin®).
Mangel-Kandidat: Vitamin B6
Das wasserlösliche Vitamin B6 (Pyridoxin) kommt öfter zu kurz als vermutet. Vor allem bei Frauen, die mit der „Pille“ verhüten. Aber auch andere Medikamente oder Alkohol lassen den Vitamin-B6-Bedarf steigen. Vitamin B6 ist an der Bildung des „Glückshormons“ Serotonin beteiligt, sorgt für den reibungslosen Um- und Aufbau von Eiweiß und wird für eine gesunde Haut- und Schleimhautstruktur benötigt.
Anzeichen und Symptome für eine Unterversorgung von Vitamin B6
Stimmungsschwankungen, Reizbarkeit, depressive Verstimmungen, Schlaflosigkeit, Appetitstörungen, gerötete und schuppige Haut, Mundwinkelrhagaden (Entzündungen in den Mundwinkeln) und Darmbeschwerden
Risikogruppen:
- Frauen, die die „Pille“ nehmen – Bis zu 75 % der Frauen, die hormonell verhüten und keine Vitaminpräparate einnehmen, weisen erniedrigte Vitamin-B6-Werte auf. Die beobachteten psychischen Nebenwirkungen könnten damit im Zusammenhang stehen.
- Kraftsportler mit hoher Eiweißzufuhr – Je höher der Proteinanteil in der Nahrung, umso größer ist der Bedarf an Vitamin B6. Ungefähr 0,02 mg Vitamin B6 pro Gramm Nahrungseiweiß werden empfohlen. Dies gilt übrigens auch für Schwangere und Jugendliche im Wachstum, die mehr Eiweiß essen sollen.
- Verwender von bestimmen Medikamenten, z.B. Asthmamitteln – Bei der Einnahme von Medikamenten sollte immer der Apotheker nach Interaktionen mit Vitaminen gefragt werden, um unliebsame Nebenwirkungen zu vermeiden.
- Gewohnheitsmäßige Alkoholkonsumenten – Alkohol blockiert die Aufnahme von Vitamin B6 aus dem Darm. Bei hohem Alkoholkonsum ist die Leber mit dem Abbau des Alkohols überlastet. Dies geht auf Kosten des Vitamins B6, das in den Leberzellen in seine aktive Form überführt wird.
- Personen mit Lebensmittelunverträglichkeiten und Allergien – Als Folge von beispielsweise Glutenunverträglichkeit sind oft die Darmzellen geschädigt, was zu Resorptionsstörungen führen kann. Dann wird Vitamin B6 (wie auch die meisten anderen Mikronährstoffe) nicht mehr richtig aufgenommen.
Was tun gegen einen Vitamin B6 Mangel?
Natürliche Vitamin-B6-reiche Lebensmittel verwenden (Fleisch, Fisch, Vollkorn, Nüsse). Die einschlägigen Nährstofftabellen helfen hier bei der Auswahl. Wer schon Symptome aufweist oder einer Risikogruppe angehört, wählt ein gutes B6-Präparat. Dieses kann eine Unterversorgung ausgleichen oder einen Mangel verhindern. Bei einer eingeschränkten Leberleistung greift man besser auf das aktivierte Vitamin B6 zurück (P5P = Pyridoxal-5-Phosphat). Denn Vitamin B6 wird erst in der Leber in seine aktive Form überführt.
Zu Unrecht gemieden: Provitamin A/Beta-Carotin Mangel
Über den Pflanzenstoff Beta-Carotin, der im Körper in Vitamin A umgewandelt wird, sind leider noch immer Fake News aus dem Jahr 1996 im Umlauf. Diesen liegt die CARET-Studie zugrunde. Dort wurde veröffentlicht, dass eine hohe Dosierung von 30 mg Beta-Carotin pro Tag bei starken Rauchern mit vorgeschädigtem Lungengewebe mit einem moderat erhöhtem Risiko für Lungenkrebs korreliert. Seitdem besteht eine schon fast an Hysterie grenzende Angst vor diesem Antioxidans und Provitamin, die die ewig gestrige „Experten“ leider noch immer weitertragen.
Heute ist zweifelsfrei nachgewiesen, dass bis zu 16 mg Betacarotin pro Tag auch für Raucher als sicher anzusehen sind.
Empfohlen werden allerdings nur 2–4 mg, wenn gleichzeitig ausreichend Vitamin A zugeführt wird. Denn Beta-Carotin hat zwei Funktionen: Es fängt als Antioxidans freie Radikale ab und es wird – wenn benötigt – in Vitamin A umgewandelt. Leider zählt Beta-Carotin zu den kritischen Vitaminen, deren Versorgung nicht sichergestellt ist. Durch den fehlenden antioxidativen Schutz ergeben sich gesundheitliche Spätfolgen, die meist die Haut und die Augen betreffen.
Anzeichen und Symptome für eine Unterversorgung Provitamin A/Beta-Carotin
Beta-Carotin-Mangel zeigt sich als Vitamin-A-Mangel: Schlechtes Sehen in der Dämmerung, übermäßige Blendempfindlichkeit, trockene Haut, trockene Augen, Office-Eye-Syndrom, spröde Nägel und Haare, Fertilitätsstörungen.
Risikogruppen:
- Sonnenanbeter und Outdoor-Enthusiasten: Viel Sonne und UV- Strahlung führen zu oxidativem Stress in den Haut- und Augenzellen. Schnee, Wasser, hohe Berge und Sonnenbaden erhöhen den Bedarf an antioxidativem Schutz in den Zellen, den das dort eingelagerte Beta-Carotin gewährleistet.
- Gemüse-Verweigerer: Gelbe und rote Obst- und Gemüsesorten sind reich an Carotinoiden. Einseitige oder fleischlastige Ernährung sorgt zwar für ausreichend Vitamin A, nicht aber für die Deckung des Beta-Carotin-Bedarfs. Das ist schlecht für den antioxidativen Status und ungünstig für die Gesundheit.
- Veganer: Ja, richtig gelesen. Da Vitamin A nur in tierischen Lebensmitteln vorkommt, müssen Veganer ihren Vitamin-A-Bedarf ausschließlich über das Provitamin Beta-Carotin decken. Um ausreichend Vitamin A zu bilden, sind ungefähr 12 mg Beta-Carotin pro Tag notwendig. Das ist auch mit viel Obst und Gemüse kaum erreichbar.
Was tun gegen einen Provitamin A/Beta-Carotin Mangel?
Warum brauchen Hasen keine Brille? Weil sie Karotten essen! Auch für den Menschen gilt, gelbes, oranges und rotes Obst und Gemüse auf dem Speiseplan sorgen für ausreichend Beta-Carotin. Risikogruppen können ihren erhöhten Bedarf durch gute Ergänzungsprodukte decken. Dabei ist natürliches Beta-Carotin, das aus Algen gewonnen wird, dem synthetischen vorzuziehen.