Depression ist ein extrem weit verbreitetes Problem. Bis zu 20 % aller Menschen leiden einmal im Laufe des Lebens daran. Man kann davon ausgehen, dass etwa 5 % der Bevölkerung gegenwärtig unter einer Depression leiden – das sind allein in Deutschland über 3 Millionen Menschen! Eine Sonderform dieser Erkrankung ist mit einer Häufigkeit von etwa 25 % die sogenannte Herbst-Winter-Depression.
Eine beliebte Hypothese geht davon aus, ein „Mangel an Sonnenlicht“ könnte dafür verantwortlich sein. Leider ist die wissenschaftliche Beweislage dafür etwas dürftig.
Nur in schweren Fällen müssen derartige Erkrankungen mit Psychopharmaka behandelt werden, aber die sind eben das, was sie sein sollen: eine vorübergehende chemische Krücke für den Gehirnstoffwechsel. Nicht beeinflusst werden von ihnen wichtige Bereiche des Verhaltens wie etwa des Selbstwertgefühls, des Selbstbewusstseins, des Sozialverhaltens, der Sozialkompetenz, der Achtsamkeit und andere wichtige Verhaltensparameter. Das ist die Domäne der Therapie.
Viele Menschen leiden in der kalten Jahreszeit an einer Sonderform der Depression – der Herbst-Winter-Depression. Dem einen reicht bei dieser melancholischen Verstimmung, die in ihrer subklinischen Form auch „Winterblues“ genannt wird, schon, einfach mehr hinaus zu gehen, während sie bei anderen so stark ausgeprägt ist, dass man von einem echten Krankheitsbild sprechen darf.
Als typische Beschwerden gelten:
- Energiemangel
- depressive und/oder ängstliche Stimmungslage
- gesteigerter Appetit mit Gewichtszunahme
- vermehrtes Schlafbedürfnis und dennoch Tagesmüdigkeit
- Konzentrationsstörungen
- vermindertes Verlangen nach Sexualität
- Schwierigkeiten am Arbeitsplatz
- Probleme in zwischenmenschlichen Beziehungen
Das Charakteristikum einer Herbst-Winter-Depression ist, dass die Symptome mit dem Sommerhalbjahr wieder nachlassen. Daher nennt man sie auch „saisonale Depression“. Es ist ebendiese Saisonalität, die zur Hypothese geführt hat, der Mangel an Sonnenlicht könnte dafür verantwortlich sein.
Im Rhythmus mit dem Licht
Das beliebte Erklärungsmodell besagt: Licht wird über die Netzhaut des Auges aufgenommen und in elektrische Impulse umgewandelt, die zu einer Gehirnstruktur namens Nucleus suprachiasmaticus gelangen. Dieser leitet den Wechsel von Licht bzw. Helligkeit und Dunkelheit (Schlaf-Wach-Rhythmus) zu bestimmten Teilen des Gehirns, die für unterschiedliche Körperfunktionen verantwortlich sind.
Zu diesen Funktionen zählt u. a. auch die Ausschüttung des Schlafhormons Melatonin, das bei Licht (fördert das „Glückshormon“ Serotonin) unterdrückt und bei Dunkelheit produziert wird. Dem Schlafhormon wird u.a. eine „depressionsfördernde“ Wirkung zugeschrieben. Nicht immer ganz schlüssig, denn viele Depressive schlafen schlecht, sodass Schlafhormon und Schlafstörung im Widerspruch liegen.
Auch Blutdruck, Körpertemperatur, Hungergefühl, sexuelles Bedürfnis und unsere Stimmung können vom täglichen Rhythmus aus Licht und Dunkelheit beeinflusst werden. Zum tatsächlichen biologischen Wirkungsmechanismus der Hypothese fehlt der Wissenschaft leider noch die konkrete Erklärung.
Bewegung in der Natur ist der erste Schritt, den Körper zu aktivieren.
Was also tun gegen den Winterblues?
Nun, hinaus in die Natur wäre die erste Antwort, wenn man der Hypothese folgt, da selbst bei dichtestem Nebel genug UV-Strahlen vorhanden wären, um unsere körpereigene Serotoninproduktion anzukurbeln. Wir bewegen uns aber einfach nicht genug, besonders nicht im Freien, wodurch es auch zu Problemen wie einem Vitamin-D-Mangel kommt.
In weiterer Folge sollte man an eine Therapie denken, wenn die Symptome ärger belasten. So hat etwa die noch relativ neue MTG-Therapie (Mediziniorientierte TierGestützte Therapie, www.aiaasr.com) sehr gute und vor allem rasche Erfolge aufzuweisen. Doch auch Mutter Natur selbst bietet einige Möglichkeiten, gleichsam „ernährungschemisch“ dem Organismus wieder zu mehr Gleichgewicht zu verhelfen.
Antidepressiva wirken nur bei der Hälfte der Patienten
Bei Major Depression, also der voll ausgeprägten Verlaufsform, führt an den Antidepressiva kein Weg vorbei. Allerdings nur dann, wenn diese auch wirken, denn das tun sie klaglos nur bei 50 % der Patienten. Die andere Hälfte teilt sich in eine Gruppe, bei der sie unzureichend wirken und in eine, die gar nicht reagiert – wieder im Verhältnis 1 : 1.
Zudem gibt es alleine in Österreich etwa 80.000 Menschen, die an einer HIT (Histaminunverträglichkeit) leiden und diese sind nicht gut beraten, wenn sie Medikamente einnehmen, die den Serotoninspiegel erhöhen. Jenes Enzym, das im Stoffwechsel Histamin abbauen soll – die Histaminase – hat eine ausgeprägte „Schwäche“ für den Abbau von Serotonin, wenn es die Wahl hat. Mit dem Effekt, dass es den Histaminabbau vernachlässigt und somit einen Histaminstau verursacht. Betroffene zeigen in der Folge teilweise alarmierende Symptome wie rasende Kopfschmerzen, Juckreiz etc.
Was es sonst noch gibt…
Eine ausgeprägte Depression gehört zum Therapeuten und zum Arzt. Allerdings ist gerade die saisonale Depression mehr eine Befindlichkeitsstörung als eine massive Depression. Mit Sicherheit kein Grund für die Anwendung schwerer Pharmaka.
Sofern keine HIT vorliegt, ist in diesem Zusammenhang beispielsweise die Griffonia-Pflanze eine interessante Option.
Wunderwaffe Griffonia?
Die Griffonia-Pflanze dient als natürlicher Spender pflanzlichen 5-HTPs (Hydroxy-TryptoPhan). 5-HTP ist jene Verbindung, aus der im Organismus Serotonin (5-HT/Hydroxy-Tryptamin) entsteht. Als Co-Faktoren dienen Vitamine des B-Komplexes.
Im Organismus kommt Serotonin hauptsächlich im Darm vor. Umso überraschender, dass der Mangel an Serotonin als einer der Hauptverursacher jenes Ungleichgewichts an Nachrichtensubstanzen im Gehirn gilt, das der Depression zugrunde liegen soll. Auch wenn das eine der Kernannahmen zum Hintergrund der Depression darstellt, so muss angemerkt werden, dass es sich dabei um eine Hypothese handelt. Eine Hypothese, die in engem Zusammenhang mit dem Wirkmechanismus zahlreicher Antidepressiva steht und daher von den Erzeugern diese Medikamente entsprechend stark forciert wird. Obwohl die nur in 50 % der Fälle zuverlässige Wirkung zeigen.
Zwischen unserem Hirn und dem Mikrobiom in unserem Darm besteht eine direkte Verbindung.
Das Zentrum für Emotionen
Zum Kontext Darm – Serotonin – Gehirn passt eine relativ junge Entdeckung der Neurobiologie. Es gibt eine direkte Nervenleitung zwischen dem Magen-Darm-Trakt und dem Limbischen System. Das ist jenes Zentrum, das für die Verarbeitung von Emotionen zuständig ist und bei der Depression eine wichtige Rolle spielt. Was vor 20 Jahren von Wissenschaftern mitleidig belächelt wurde, darf heute sein. Heute darf einem eine Laus über die Leber laufen und Liebe darf heute plötzlich auch durch den Magen gehen.
Nach diesem kurzen Ausflug zurück zu Griffonia: Es handelt sich bei dieser Pflanze um die „Afrikanische Schwarzbohne“, eine Schlingpflanze mit großen Schoten. Diese enthalten schwarze Samen, aus denen man 5-HTP extrahiert, den chemischen Vorläufer des Serotonins. In Afrika wird die Pflanze traditionell als Stimmungsaufheller und Aphrodisiakum eingesetzt.
Einige Studiendaten weisen auf eine antidepressive Wirkung hin. Daneben wird zu weiteren Einsatzgebieten spekuliert wie Migräne, Abnehmen (steigert möglicherweise das Sättigungsgefühl), Fibromyalgie und Schlafstörungen. Die Studienlage dazu ist leider noch etwas dürftig.
Glück aus Vorstufen
Dazu passt noch ein zweiter Ansatz, der das Noradrenalin (NA) betrifft. Diese Nachrichtensubstanz soll ebenfalls eine bedeutende Mangel-Rolle bei der depressiven Hirnstoffwechsel-Imbalance spielen. Ihr Vorläufer ist L-Phenylalanin, das man ebenfalls extra zuführen kann, um den NA-Spiegel zur erhöhen.
Der Allgemeinmediziner Dr. Walter Wührer aus Salzburg untersuchte mit seinem Team 2015 die Wirkung von Griffonia bei depressiven Verstimmungen, leichten Angstzuständen und bei Stressbelastung. Zur Beurteilung der depressiven Symptomatik kam die sogenannte DASS (Depression Anxiety Stress Scale) – ein international anerkanntes professionelles Messsystem – zur Anwendung.
Die Wortwahl ist hier entscheidend. Es geht um „depressive Verstimmung“, wie sie im Zusammenhang mit der Herbst-Winter-Depression häufig auftritt, und nicht um „Major Depression“ (Vollbild der Depression, schwere Depression). Es geht auch nicht um „manifeste Angststörungen“ wie Panikattacken oder die generalisierte Angststörung, sondern um „leichte Angstzustände“.
Die Wirkung der Kombination 5-HTP
Es kam eine im Handel übliche Präparation zur Anwendung, die je Kapsel als Hauptwirkstoffe 50 mg 5-HTP, 50 mg Phenylalanin sowie Vitamine des B-Komplexes enthält. Weiters wurde die Studie placebokontrolliert, doppelblind und randomisiert als Interventionsstudie durchgeführt. Das entspricht jenem Standard, der auch bei der Testung von Pharmaka nach den Richtlinien der GCP (Good Clinical Practice) bzw. der EBM (Evidence Based Medicine) verlangt wird.
Dosiert wurde mit 2×1 Kapsel/Tag, wobei man 5-HTP grundsätzlich auch doppelt so hoch dosieren könnte. Einbezogen waren in die Studie insgesamt 46 Patienten mit Zeichen von Depression, Angst und/oder Stress oder völlig symptomfrei in der Vergleichsgruppe.
Griffonia senkte gefühlte Depression um 33 %, Angst um 29 % und Stress um 11 % gegenüber dem Placebo.
Griffonia wirkt bei Depressionen, Angst und Stress
Die Ergebnisse der Salzburger Studie waren erfreulich. Es kam in allen Indikationsfeldern zu messbaren, teilweise statistisch signifikanten Verbesserungen. Das Präparat aus der Schwarzbohne zeigte wesentlich bessere Ergebnisse als das Placebo: Bei der Depression um 45 % gegenüber 22 % beim Placebo; bei der Angst 63 % gegenüber 34 %; beim Stress erreichten die Griffonia-Probanden immerhin 50 % gegenüber 39 % bei denen, die das Placebo nutzten.
Da es sich letztlich um eine indirekte Gabe von Serotonin handelt, sind aber in der Praxis alle entsprechenden Kontraindikationen zu berücksichtigen. Insbesondere lässt sich im Einzelfall nicht voraussagen, wie gut der einzelne Organismus auf die Gabe eines Precursors (Vorstufe) anspricht. Es kann auch die individuelle Geschwindigkeit der Verstoffwechselung durchaus sehr unterschiedlich sein.
In diesem Sinne muss davon abgeraten werden, einen derartigen Therapieansatz ohne kompetente medizinische Begleitung zu unternehmen. Griffonia sollten Sie nicht zusammen mit Johanniskraut, Antidepressiva, Beruhigungsmitteln und manchen Schmerzmitteln einnehmen, da es deren Wirkungen verstärkt. Schwangere sollten die Präparate meiden.
Alternativen in der Therapie
Ohne detaillierte Bewertung sollen hier noch weitere grundsätzliche Möglichkeiten skizziert werden, um dysphorisch-depressivem Stress zu begegnen.
Hoch dosiertes Vitamin D
Tatsächlich gibt es steigende Evidenz dafür, dass immer mehr Menschen ein Vitamin D-Defizit aufweisen. Vitamin D ist eigentlich ein Hormon und die „Drüse“, die es produziert, ist die Haut. Der essentielle Faktor ist …. Sonnenlicht. Vereinfacht: Wer nie ins Freie geht, ständig in Räumen vor dem PC sitzt, hat beste Chancen auf einen validen Mangel an diesem Hormon. Ein Zusammenhang mit den Rahmenbedingungen der Herbst-Winter-Depression ist sehr verlockend. Letztgültig bewiesen ist diese Hypothese leider nicht, als additiver Faktor jedoch sicher bedenkenswert.
Tatsächlich sind in den letzten 15 Jahren rund 500.000 Arbeiten zur Bedeutung von Vitamin D erschienen. Ein Mangel wird mit folgenden Problematiken in Zusammenhang gebracht: Risikosteigerung für chronische Krankheiten, Herzkreislauferkrankungen und Krebs, sowie Risikosteigerung für Frühgeburt, Präeklampsie, Schwangerschaftsdiabetes und Depression.
Rosenwurz / Rhodiola rosea
Serotonin ist ein wichtiger Nachrichtenstoff im Nervensystem, man spricht auch von einem so genannten Neurotransmitter. Sein Mangel führt zu depressiven Zuständen unterschiedlich starker Ausprägung und zu verschiedenen Formen der Angsterkrankung.
Rhodiola-rosea-Extrakt zeigte im Tierversuch erstaunliche Ergebnisse. Es konnte sowohl ein Anstieg des Serotonin (5-HT)-Spiegels im Blut festgestellt werden, als auch eine Vermehrung der Zahl der sogenannten Serotonin-A1-Rezeptoren. Das sind die häufigsten „Andockstellen“ von Serotonin im Gehirn. Sie sind nicht nur im Zusammenhang mit Nikotinentzug, sondern auch bei Depressionen, Angststörungen, Psychosen und aggressiven Verhaltensstörungen von medizinischer Bedeutung.
Man geht davon aus, dass Rhodiola rosea auch die körpereigene Stresstoleranz erhöht, indem es chemische Schlüsselsubstanzen im Gehirn wie Serotonin und Norepinephrin zusammen mit anderen Wohlfühlboten wie Beta-Endorphin beeinflusst.
Cannabidiol – CBD
Dies ist Hauptinhaltssubstanz des heimischen Industriehanfs, nicht der damit verwandten berauschenden Pflanze. Es sind dazu im Organismus zwei Rezeptoren bekannt, CB-1 und CB-2, wovon ersterer im Zusammenhang mit Angst und Stress, bei höherer Dosierung von CBD-Öl vielleicht sogar mit Depression interessant ist.
CB1 vermittelt vermutlich folgende Qualitäten:
- Dämpfung überhöhter neuronaler Aktivität, woraus man die angstlösenden Wirkung ableitet
- Schmerzlinderung
- Entzündungshemmung
- Regulation von Bewegungs- und Haltungskontrolle
- Sensorische Wahrnehmung, Gedächtnis und Kognition
Hilft es auch, Tee zu trinken?
Punkt 3 der obigen Liste führt abschließend zu einem Konzept, dass mangels des Interesses der Pharmaindustrie nur selten Erwähnung findet – oxidativer Stress. Es gibt ernst zunehmende Hinweise darauf, dass es im Zusammenhang mit psychischer Überlastung im Organismus zur Entwicklung einer sogenannten subklinischen Entzündung kommt. Vereinfacht, eine Entzündung, die man zwar aufgrund spezieller Parameter (nicht des allgemeinen Blutbildes) feststellen könnte, aber aufgrund fehlender Leitsymptome nicht „sieht“ (= subklinisch).
Mit einiger Wahrscheinlichkeit handelt es sich um eine belastungsinduzierte Frühreaktion des Immunsystems, die sich allerdings auf den gesamten Körper auswirken kann. Der enge Zusammenhang zwischen psychischer Gesundheit und dem Immunsystem ist seit langem bekannt, aber nur wenig erforscht.
Damit könnte auch im Zusammenhang mit der meist relativ „milden“ Herbst-Winter-Depression so gut wie alles von Interesse sein, was den oxidativen Stress im Organismus senkt. Damit kommen der Einsatz von verschiedenen Antioxidantien wie beispielsweise des im Grünen Tee enthaltenen EGCG ins Spiel. Ähnliches gilt für die Vitamine E und C, das Coenzym Q10 oder den im hohen Norden heimischen Chaga-Pilz.